Tiefe Hirnstimulation: eine effektive Behandlung bei Bewegungsstörungen (Parkinson, Tremor, Dystonie)
Wenn die tiefe Hirnstimulation an erfahrenen
Zentren unter Einhaltung eines hohen technischen und fachlichen Standards durchgeführt wird, sind immer wieder beeindruckend positive Ergebnisse möglich, wie die Ergebnisse aus
den erfahrenen Zentren in Deutschland eindrucksvoll zeigen. Ernsthafte Komplikationen sind dann in der Regel nicht zu befürchten. In Deutschland werden jedes Jahr ca. 500
Operationen zur Tiefen Hirnstimulation durchgeführt.
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Die Präzision des Eingriffs
entscheidet ganz wesentlich über den Erfolg der Stimulation.
Welche
Krankheiten können mit Tiefer Hirnstimulation behandelt werden?
PARKINSON:
Bei insgesamt ca. 300.000
Parkinsonpatienten in Deutschland wird die Operation leider nicht bei jedem Patienten helfen, die Symptome zu verbessern. Es ist daher sehr wichtig vorher schon zu wissen, bei
welchen Patienten es aussichtsreich erscheint zu operieren.
TREMOR:
Zittern kann mehrere Ursachen
haben und bei manchen Patienten derart ausgeprägt, dass alltägliche Verrichtungen nur noch mühsam oder gar nicht mehr funktionieren (z.B. Körperpflege, Ankleiden, Schreiben).
Zudem ist das Zittern dann noch so auffällig, dass sich viele der betroffenen Patienten nicht mehr gerne in der Öffentlichkeit und z.B. auch bei Familienfesten zeigen.
Das Zittern (Tremor) gibt es bei
Parkinson, beim sogenannten essentiellen Tremor, nach einer Schädigung des Gehirnes durch einen Unfall und auch bei der MS (Multiple Sklerose).
Dystonie:
Zustände von anhaltender
Muskelanspannung und –Verspannung können sowohl in einzelnen, wie auch mehreren Muskelgruppen als auch im gesamten Körper auftreten, das Krankheitsbild nennt man Dystonie.
Erkrankungen wie der Schiefhals gehören dazu. Hierbei gibt es erbliche wie auch spontan auftretende Formen.
Wie
verläuft eine Operation?
Nach Fixierung des Kopfes in einem Ring wird eine Magnet Resonanz Tomographie des Kopfes durchgeführt. Mithilfe dieser Aufnahmen kann sowohl die Zielstrukur (Nucleus subthalamicus
= STN, Nucleus Ventro-intermedius = Vim, Globus Pallidus internus = GPi) wie auch der Weg der Elektroden durch das Gehirn millimetergenau festgelegt werden. Gelingt diese
spezielle MRT vor der Operation in völliger Ruhe kann dann am Operationstag mit angelegtem Ring auch eine Computertomographie
durchgeführt werden. Die
MRT-Daten werden dann auf die CCT-Daten päzise übertragen.
Diese MRT- gestützte
Operationsplanung hat während der letzten Jahre eine deutliche Verbesserung der Operationsergebnisse gebracht, sowohl bezüglich der Zielgenauigkeit, wie auch der Vermeidung
ernsthafter Verletzungen des Gehirnes.
Für die Operation ist in der
Regel ein acht- bis zehntägiger stationärer Aufenthalt notwendig. Der Eingriff wird in örtlicher Betäubung durchgeführt.
Ein erfahrener Anästhesist, der
während der Operation mit Medikamenten darüber wacht, dass ein erholsamer Schlaf zwischendurch möglich wird, kontrolliert regelmäßig alle Herz- und Kreislauffunktionen. Die
Operation am Gehirn verursacht keine Schmerzen, da das Gehirn selbst schmerzunempfindlich ist. Damit das lange Liegen nicht zu unangenehmen Schmerzen führt haben wir bei uns in
Hamm regelmäßig eine Physiotherapeutin dabei, die mit Ihren Therapien erheblich dazu beiträgt, den mitunter langen Verlauf gut auszuhalten.
Heute ist es nicht mehr
zwingend notwendig, alle Haare zu rasieren, bei unserem Zentrum in Hamm führen wir keine Rasur des Kopfes durch. Bei der Operation führt der Chirurg nach Anlage eines
Hautschnittes und Öffnung des Schädels über eine 8mm große Öffnung zunächst eine Testelektrode ein. Manche Kliniken nehmen Öffnungen bis zu 15mm vor. Verläuft diese
Teststimulation erfolgreich, wird unmittelbar im Operationssaal noch die Verbesserung von Steifigkeit, Beweglichkeit und Zittern beobachtet. Es ist immer ein weiterer
Untersucher anwesend, der diese Wirkung und Nebenwirkung ständig überprüft. Sollten negative Wirkungen der Stimulation beobachtet werden, können diese nach Abschalten der
Stimulation immer sofort unterbunden werden und kleine Korrekturen der Elektrodenposition kann der Operateur sofort vornehmen.
Zusätzlich können zur
Bestimmung der Nervenzellaktivität vorübergehend sogenannte Mikroelektroden eingesetzt werden.
Neben der Kontrolle des
Behandlungseffektes auf die Beweglichkeit wird auch eine Kontrolle der präzisen Platzierung der Elektrode mit einer Röntgenaufnahme erstellt.
In unserer Klinik wird
möglichst noch am gleichen Tage der Impulsgeber in Vollnarkose unterhalb vom Schlüsselbein rechts platziert. Es ist genauso gut möglich diesen linksseitig oder im Bauchbereich
einzusetzen.
Gefürchtete ernsthafte
Komplikationen wie die Hirnblutung sind zum Glück sehr selten. Auch eher selten reagiert der Körper mit einer Infektion auf das implantierte Material. Dann muss meist eine
Entfernung des Systems vorgenommen werden, und bis zur Neuimplantation ungefähr 2 Monate gewartet werden.
Nach der Operation wird in
einer darauf spezialisierten Rehabilitationsklinik (oder auch neurologischen Fachklinik) die Feineinstellung des Stimulationsgenerators vorgenommen. Dabei wird auch eine
Neueinstellung der Medikamente notwendig.
Welcher
Patient kommt infrage?
1.
Parkinson:
Vor der Behandlung wird
diese Frage in Zusammenarbeit neurologischen Zentren erörtert. Dazu erfolgt eine stationäre Aufnahme in einem dieser Zentren. Eine wesentliche Voraussetzung ist das Ansprechen
der Erkrankung auf die Gabe von L-Dopa. Das Ergebnis dieses Test liefert entscheidende Hinweise auf den zu erwartenden Erfolg einer Tiefen Hirnstimulation (sog. L-Dopa
Test):
nach mehr als 12 Stunden ohne jegliche
Parkinsonmedikamente wird getestet wie ausgeprägt die Steifigkeit und das Zittern sowie das Laufen eingeschränkt sind. Dann wird eine höhere Dosis Dopamin gegeben und
untersucht um wieviel sich die Beweglichkeit dann verbessert. An dem Grad dieser Verbesserung ist ableitbar inwieweit ein Parkinsonpatient von einer Operation zur Tiefen
Hirnstimulation profitieren wird.
Als weitere Untersuchungen
zur Eignung sollte eine MRT-Untersuchung des Kopfes erfolgen, so dass wir sicher sind, dass keine Zeichen einer anderen Erkrankung vorliegen.
Auch wird eine Testung der geistigen
Fähigkeiten durchgeführt.
Patienten, die gut auf
L-Dopa ansprechen, jedoch an dem Auf- und Ab der Wirksamkeit (sog ON- OFF- Fluktuationen) leiden, können sehr effektvoll eine Hilfe durch die tiefe Hirnstimulation
erfahren.
Wie alt darf ich sein? Eine
oft gestellte Frage: Am meisten profitiert sicherlich der so genannte early-onset Patient (früher Beginn der Erkrankung). Es konnten aber auch schon bei Patienten über 70
Jahre sehr gute Ergebnisse erzielt werden. In der Regel sollten die dann noch infrage kommenden Patienten in rüstigem Allgemeinzustand sein.
1a) Was wird
denn besser ?
Als Faustregel gilt: alle Symptome, die durch die Parkinson-Medikamente verbesserbar waren, sind auch mit der Tiefen
Hirnstimulation verbesserbar.
Also: wenn das Laufen unter Medikamenten teilweise flüssig ging kann man damit rechnen, dass das auch nach der Operation so
ist – nur mit dem entscheidenden Vorteil, dass nun eine dauerhaft bessere Beweglichkeit bestehen sollte.
Im Durchschnitt wird eine Verbesserung der Beweglichkeit um ca. 60% erreicht.
Die zum großen Teil unangenehme Überbeweglichkeit (Dyskinesien) wird um 80% reduziert, der Einspareffekt bei der Medikation
liegt im Mittel bei über 50% der vor der Operation eingenommenen Dosis.
Es gibt sogar Patienten, die kaum noch Parkinson Medikamente benötigen.
Sehr gut reagiert ebenfalls das Muskelzittern (Tremor) auf diese Therapie. Eine Verbesserung im Bewältigen der
Alltagaktivitäten wird im Durchschnitt um 50% erreicht.
1b) Hält der
Effekt an?
Ja und Nein: in dem Masse wie die Antwort der
Erkrankung auf Dopamin nachlässt, lässt auch der Effekt der Stimulation auf die Beweglichkeit nach. Dennoch wird auch viele Jahre nach Stimulation der Nutzen der Therapie
sofort klar, wenn die Stimulation einmal versehentlich ausgeschaltet wird. Daher wird ein Ausschalten der Therapie von den Patienten so gut wie nie gewünscht (vorausgesetzt
die Elektroden liegen richtig).
Es gibt Patienten, die
aufgrund der Erkrankung zunehmende Einbußen ihrer geistigen Fähigkeiten erleiden oder Gleichgewichtsstörungen und Störungen der Gangsteuerung, diese Symptome einer
fortgeschrittenen Parkinsonerkrankung, die in der Regel erst nach vielen Jahren auftreten, lassen sich leider nicht durch die Tiefe Hirnstimulation bessern.
2.
Tremor:
Patienten, die derartig unter Zittern (Tremor) leiden, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag kommt und man sich
bereits von der Öffentlichkeit, Freunden und Familie zurückzieht sollten auch über die Tiefe Hirnstimulation beraten werden
Manchen Patienten helfen Medikamente, aber,
wenn diese nicht mehr ausreichen oder zu Benommenheit führen ist der Gedanke an eine Operation nicht verkehrt.
Hier gilt auch keine
absolute Altersgrenze, in meiner Erfahrung hat sowohl schon eine 16-jährige wie auch eine 86-jährige Patientin davon profitiert. Nicht immer lässt sich das Zittern ganz
abstellen, zu weilen bleibt noch ein restliches Zittern zurück. Dennoch gibt es keinen Patienten, der sich nach einer Operation gewünscht hat, wir sollten das System
ausstellen.
Welches
System ist das Beste?
Diese Frage kann nicht
eindeutig beantwortet werden. Im Einzelfall wird der erfahrene Neurochirurg/ Neurologe über die Möglichkeiten beraten um dann das passende für Sie auszuwählen.
Grundsätzlich hat man die
Wahl zwischen Stimulatoren, die wieder aufladbar sind (dabei wird das Ladegerät von außen über dem Stimulator auf die Haut aufgelegt) und Modellen die nicht wieder aufladbar
sind.
Bei den Elektroden hat sich
seit 2014 die sogenannte „Directioal Lead“ etableirt. Diese Elektrode kann den Strom gezielter in verschiedene Richtungen lenken und so
vermeiden helfen, dass es zu Nebenwirkungen wie
beispielsweise Sprechstörungen kommt.
Zusammenfassung
Die tiefe Hirnstimulation ist eine minimal invasive
sehr effektive Behandlungsform des Morbus Parkinson mit nur kleinstem Nebenwirkungsrisiko. Dabei muss beachtet werden, dass nicht jeder Patient mit einem Parkinson davon
profitiert und auf diese Art therapiert werden kann. Wenn eine Aussicht besteht, das Krankheitsbild durch die Tiefe Hirnstimulation zu bessern, werden die Kosten von der
Krankenkasse bezahlt. Erfahrungen mit dem Verfahren bestehen heute seit mehr als 20 Jahren.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur
Verfügung:
Chefarzt Dr. med. Ralph Lehrke
Stereotaktische
Neurochirurgie
Am Heessener Wald 1
59073 Hamm
E-Mail: stereotaxie@barbaraklinik.de
Zwei Erfahrungen deutscher Parkinson / Tremor - Patienten mit der Tiefen Hirstimulation ( THS ) -
Sprache Deutsch - Dauer: jeweils circa 3 Minuten
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